Wohin mit dem Betonschutt?

Der Abriss der Brücke Turmstraße lockt angehende Bauingenieur*innen an, die sich mit dem Thema Recycling beschäftigen.

Großbaustellen haben ihr Publikum. Den Abriss der maroden Brücke Turmstraße fanden einige Aachener*innen so spannend, dass sie sich am letzten Wochenende mit Kind, Kegel und Picknickdecke in Sichtweite niederließen, um den fünf Kettenbaggern, ausgestattet mit Meißel und Greifzange, beim Abknabbern der vier Hohlkästen der Fahrbahn und der mittleren Stützpfeiler zuzuschauen. Dass es am Ende so schnell gehen würde, damit hatten die Projektleitenden im Aachener Stadtbetrieb und der beauftragten Firmen nicht gerechnet. Innerhalb von drei Tagen gelang der Abriss. Gestern gegen 16.30 Uhr fiel das letzte Betonteil.

Heute, am Donnerstag, ist ein ganz besonderes Publikum hier. Neun angehende Bauingenieure*innen der FH Aachen – acht Männer, eine Frau – nutzen die Chance, ihren Lehrstoff mit der Praxis abzugleichen. „Solche Projekte hat man nicht so oft vor Ort“, sagt Heiko Mrochen, 27. Wie seine Mitstudierenden aus dem Vertiefungsseminar „Rückbau und Recycling“ lässt er sich von Bauleiter Hans-Peter Doser nicht nur den Abriss und die damit verbundenen Vorbereitungen erklären, sondern auch wie das im Baualltag geht mit dem Recycling.

40 Tonnen nimmt die Uni Essen zu Forschungszwecken

Ganz einfach. Die etwa 4.000 Tonnen Betonschutt werden per Lkw zum Bendplatz gebracht. Dort hat eine Recycling-Firma eine temporäre Feldfabrik eingerichtet. Zunächst wird der Baustahl aus dem Beton getrennt, dann zerkleinert ein Brecher den Baustoff. Der Stahldraht wird später eingeschmolzen und neu verarbeitet, und die Betonbrocken werden zermahlen und bei der Herstellung von neuem Baustoff untergemischt. Voilà!

Aber das ist noch nicht alles. Die Uni Essen, so ist zu erfahren, hat sich 40 Tonnen Schutt gesichert. Sie wird in einem Forschungsprojekt untersuchen, ob sich der festgebackene Beton in seine ursprünglichen Bestandteile zerlegen lässt. Ziel ist eine möglichst lupenreine Trennung zur optimalen Neuverwertung. Mal sehen, ob sich das mit einem vertretbaren Energieaufwand bewerkstelligen lässt, lautet der Kommentar eines Kommilitonen.

Das Bauvorhaben in Aachen jedenfalls läuft nach Plan, die befürchteten Staus in der Stadt sind ausgeblieben, und die Studierenden sind mit dem Ausflug in den künftigen Berufsalltag zufrieden. Großbaustellen haben eben ihr Publikum.

19.05.2022

Wie es beim Abriss zuging, zeigt die Bildergalerie!