Basteln 2.0

 

Ein Arbeitstisch in der Mitte, ein 3D-Drucker, ein Lasercutter. Stefan Staudacher bastelt an einem VW-Bulli im XS-Format. Der soll später mal eine Hütte für den Hund seines Kumpels werden. Zu Besuch im FabLab der RWTH

 

Der Kumpel steht auf Autos, und der Hund braucht ein Zuhause. Alles klar? Stefan lasert Rillen in die Front. Seit Wochen schon kommt er in das Fabrication Laboratory, den Bastelraum für Große im Lehrstuhl für Medieninformatik und Mensch-Computer-Interaktion der RWTH auf der Hörn. Hier, im Fab Lab Aachen, kann jeder, der möchte, mit computergesteuertem Präzisions-Werkzeug sein Projekt umsetzen.

Der Lasercutter, der mit einem Laserstrahl rasend schnell Formen aus flachen Holzplatten, Karton oder Plexiglas schneidet, ist das meist genutzte Gerät. Das größte Potenzial aber steckt im 3D-Drucker. „Damit kann man im Prinzip alles selber herstellen“, sagt Prof. Dr. Jan Borchers, Leiter und Ideengeber des ersten Fab Labs Deutschlands. Der heimliche Star des Fab Labs ist etwa so groß wie ein herkömmlicher Drucker. Doch statt mit Toner druckt ein 3D-Drucker zum Beispiel mit geschmolzenem Plastik, Holzpaste oder Kuchenteig. Und dann baut er – streng nach digitaler Vorlage aus dem PC – Schicht um Schicht das gewünschte 3D-Objekt auf.

„Wir sind mitten in der dritten digitalen Revolution“, sagt Prof. Dr. Jan Borchers. Und meint damit: Ab sofort kann jeder seine eigenen Produkte herstellen. Wer keinen 3D-Drucker hat, kann ihn im Fab Lab ausprobieren und sich daran gewöhnen, dass analoge Bastelarbeit jetzt digitalisiert werden kann. „Früher schrieb man Briefe per Hand oder mit der Schreibmaschine. Dann kamen der PC und das Internet: die ersten zwei digitalen Revolutionen. Dadurch kommunizieren wir alle heute viel schneller und günstiger per E-Mail & Co. Und genauso kann ich heute – statt mühsam mit Laubsäge und Feile – mit einem 3D-Drucker viel einfacher anfassbare, physische Objekte digital herstellen.“

Das gilt auch für Profis. Informatiker sitzen nun nicht mehr bloß hinter ihrem Rechner, sondern experimentieren und packen an: Schnell, präzise und günstig können sie dank der digital gesteuerten Werkzeuge ihre Ideen umsetzen und Prototypen anfertigen. Oder Ersatzteile für eine Garten-Liege drucken, oder Lieblingsstücke herstellen. So wie Jan Borchers, der kürzlich zu seinem neuen Handy die passende Docking Station haben wollte. Aber die gab es da noch gar nicht zu kaufen. Also hat er sie sich einfach selbst gedruckt.

Wie aber sage ich meinem Drucker, dass ich ein dunkelblaues Ersatz-Armband für meine Uhr haben möchte? Entweder bin ich selbst so schlau wie Jan Borchers und kann eine digitale Vorlage erstellen, oder ich lade mir online ein brauchbares Modell herunter. Oder ich warte die Entwicklung einer Software ab, an der hier am Lehrstuhl gerade getüftelt wird. Mit der können auch wenig computeraffine Nutzer ihrem 3D-Drucker Befehle geben.

Industriell gefertigte Massenware oder individueller 3D-Druck? Die dritte digitale Revolution ist, wie man am Beispiel der Dockingstation sieht, eine echte Herausforderung für die Industrie. Aber sie birgt auch Risiken, zum Beispiel Copyright-Probleme. Oder was ist, wenn jemand eine Waffe druckt? „Zwar kann man in die 3D-Geräte Sperren einbauen, so dass keine Waffe am Stück gedruckt werden kann, jedoch können Einzelteile einer Waffe gedruckt und später zusammengesetzt werden. Diese Problematik zwingt Politik und Gesellschaft zum Nachdenken“, sagt Jan Borchers.

Mit einfach programmierbarer Elektronik aus dem Fab Lab können die gefertigten Objekte sogar Tricks lernen und interaktiv werden. Ob Regenschirm mit Wetterwarner, eine beleuchtete Brosche oder eine antik aussehende Filmrequisite – alles ist drin. Wer sich das nicht alleine traut, dem helfen Assistenten. Gern und kostenlos.

Der Open Lab Day ist dienstags von 11 – 19 Uhr. Hier kannst du einfach online einen Termin ausmachen.

Kontakt Fab Lab: Lehrstuhl für Informatik 10 (Medieninformatik und Mensch-Computer-Interaktion), RWTH Aachen, Ahornstr. 55, 2.OG, Raum 2214, 52074 Aachen

 

…und für Schulen und Betriebe gibt es ein

Schulungslabor auf Rädern

Der FabBus der FH Aachen zeigt auf Zuruf, wie 3D-Drucken geht

Wer wissen will, wie man dreidimensionale Objekte druckt und nicht im FabLab vorbeischauen möchte, kann den FabBus der FH Aachen bestellen. Zumindest Schulen und Unternehmen aus der Region können das. Andreas Gebhardt, Professor für Maschinenbau und Mechatronik und Leiter des GoetheLab for Additive Manufacturing an der FH Aachen, und sein Team haben das rollende Labor erfunden. Der FabBus kommt vorbei, um das Know-how in Schulen und Betriebe zu tragen. Mit Fachwissenschaftlern, elf 3D-Druckern und einem Show-Room mit Kaffeebar. Mehr Info hier.

Kontakt: Laura Thurn, Tel.: + 49 241 6009 52946, fabbus@fh-aachen.de

21.01.2016