Wer will schon direkt neben einer Fabrik wohnen? Kommt auf die Fabrik an, sagen die Experten des Urban Factory Lab und klären darüber auf, wie Produktion mitten in der Stadt funktionieren kann.
„Zu laut, zu dreckig, zu gefährlich“ – so denken die meisten über produzierende Unternehmen in der Innenstadt. Das haben Befragungen des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeografie der RWTH Aachen zwischen 2016 und 2019 bestätigt. Und obwohl die Verschränkung von Arbeiten und Leben manche Herausforderung mit sich bringen kann, hat urbane Produktion viele Vorteile. Zum Beispiel kurze Wege zu Kunden, Arbeitnehmer*innen und Logistikern, was wiederum eine Lärm-, Verkehrs- und Emissionsreduktion bedeutet.
Vom Hüttenwerk bis zu e.GO
Das gilt auch für Aachen, sagt das Made in Aachen-Expertenteam, kurz MIA. MIA bietet einen Rundgang durch Rothe Erde an, das sogenannte Urban Factory Lab. Dabei begibt man sich mit Tablet und passender App bewaffnet in das ehemals von Schwerindustrie geprägte Viertel im Nordosten Aachens. Ein Experte erzählt von Zeiten, als Pendler des 19. Jahrhunderts noch zu Fuß aus der Eifel nach Rothe Erde in die Hüttenstraße kamen, um dort in der Woche im Werk zu arbeiten – und auch zu übernachten. Das bleibt Mitarbeitenden von Continental und e.GO, die heutzutage in Rothe Erde produzieren, zum Glück erspart. Denn im Aachener Nordosten findet Wohnen und Arbeiten nebeneinander statt. Und hier wird auch niemand von fiesem Rauch, der aus Schloten qualmt, in seinem Garten eingenebelt.
Das in 2018 neu eröffnete e.GO-Werk erweist sich als mitarbeiter- und umweltfreundlich. So deckt es beispielsweise seinen kompletten Energiebedarf über hauseigene Photovoltaikanlagen, wertet mit seiner modernen Architektur das Umfeld auf und setzt auf regional ausgebildetes Fachpersonal. Kein Wunder, dass das e.GO-Werk in der Hüttenstraße als „Best-Practice“ der urbanen Produktion gehandelt wird. Also, auf gute Nachbarschaft!
Urban Factory Lab: digitaler und analoger Rundgang durch Rothe Erde, auf dem man mit Vorurteilen und Befragungsergebnissen zum Thema produzierendes Gewerbe in der Stadt konfrontiert wird und am Beispiel von e.GO sehen soll, dass sich urbane Produktion und Leben miteinander vertragen können.
MIA – Made in Aachen: Forschungsprojekt der städtischen Wirtschaftsförderung, 2016 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms „Nachhaltige Transformation urbaner Räume“ ins Leben gerufen. Das Projekt-Ziel ist die Untersuchung von Gestaltungs-Potenzialen urbaner Produktion. Neben dem Urban Factory Lab sind u.a. Expertenrunden und wissenschaftliche Publikationen weitere Maßnahmen. Mehr hier
13.05.2019