Wunderbare Unterwasserwesen, aus Glas geblasen: eine Kompassqualle mit filigranen Tentakeln, eine Seeanemone, Korallen. Hergestellt wurden die Meisterstücke im 19. Jahrhundert, in der Dresdener Werkstatt von Leopold Blaschka und seinem Sohn Rudolf. Sie dienten als wissenschaftliches Anschauungsmaterial für Museen und Hochschulen. Im Lütticher Aquarium-Museum kann man eine Auswahl der perfekten Modelle bewundern.
Weil viele Meerstiere sich wegen des fehlenden Skeletts nur schlecht konservieren ließen oder dabei ihr typisches Aussehen verloren, waren im Zeitalter herausragender, zoologischer Entdeckungen Nachbildungen für die meeresbiologische Forschung sehr gefragt. Gängige Materialien für dreidimensionale Modelle waren Wachs, Papiermaché, Holz, Gips – allesamt ungeeignet für eine überzeugende Darstellung mariner Lebensformen wie Quallen oder Polypen.
1886 gibt die Lütticher Universität 77 Modelle in Auftrag
Ganz anders Glas: 1863 begann der gelernte Goldschmied und Glasbläser Leopold Blaschka, das empfindliche und komplizierte Material einzusetzen. Er entwickelte das Glasspinnen, welches fadenfeines Arbeiten ermöglicht. Bis 1890 stellten die Blaschkas Tausende perfekter Glasmodelle her, die ihren Weg in naturwissenschaftliche Institutionen auf der ganzen Welt fanden. 1886 gab auch der Gründer des Zoologischen Instituts der Universität Lüttich, Édouard Van Beneden, 77 Modelle in Auftrag, von denen ein großer Teil erhalten werden konnte.
Noch heute staunen Naturwisschaftler*innen über die wissenschaftliche Präzision
Wie die Blaschkas genau arbeiteten, ist bis heute nicht ganz geklärt. Jedenfalls bringen die bis ins Detail wissenschaftlich exakten Modelle auch Naturwissenschaftler*innen des 21. Jahrhunderts zum Staunen. Als Vorlage dienten Zeichnungen wirbelloser Meeresorganismen, die Leopold Blaschka 1853 während einer Seereise in die USA angefertigt hatte, aber auch die Arbeiten Ernst Haeckels.
Ab den 1880er Jahren begannen Leopold und Rudolf Blaschka Glasmodelle von Pflanzen und Wirbeltieren herzustellen, mit dem Abschluss eines Exklusivvertrags mit dem Botanischen Museum der Universität Harvard widmeten sie sich ab 1890 ausschließlich der Herstellung von Pflanzenmodellen.
Besucht nach Corona das Aquarium-Museum der Universität Lüttich. Da erwarten euch außer den Glasmodellen noch andere Kracher: lebendige Haie und massenweise echte wissenschaftliche Präparate.
24.12.2020