Welche Energie treibt die Städte von morgen an? Auf dem Hochschulcampus Melaten entsteht ein riesiges Labor, das Blicke in die urbane Zukunft möglich machen soll.
Komfortabel wohnen, lustvoll arbeiten, reibungslos mobil sein und die Freizeit je nach Laune genießen: So sieht die ideale Stadt für ihre Bewohnerinnen und Bewohner aus! Lassen sich diese Ansprüche künftig besser realisieren, als das heute gelingt? Um diese Frage geht es im Projekt Urban Energy Lab 4.0, das im Sommer 2018 auf dem RWTH-Campus Melaten startete.
Wohnen im Labor
„Digitalisierung, Klimawandel und andere Trends treiben einen gesellschaftlichen Umbruch voran. Angesichts dieser Dynamik möchten wir herausfinden, wie man Städte sicher und umweltschonend mit Energie versorgen kann“, umreißt Rita Streblow das Projekt, das sie als Oberingenieurin koordiniert. „Dazu haben wir eine komplett neue Forschungsinfrastruktur entwickelt. Über kontrollierte Experimente können wir erfassen und auswerten, wie sich einzelne Energienutzende oder auch ganze Stadtquartiere unter wechselnden, von uns steuerbaren Bedingungen verhalten.“
Da Städte hochkomplexe Systeme sind, ist Streblows 12-köpfiges Team höchst interdisziplinär aufgestellt – Maschinenbauer, Elektrotechniker und Bauingenieure arbeiten Hand in Hand. In den beiden großen Versuchshallen des E.ON Energy Research Centers und des Lehrstuhls für energieeffizientes Bauen errichten sie aktuell die Szenerie, in der sich die Experimente abspielen werden. „Zentral ist dabei das Raumklimalabor“, erklärt Rita Streblow. „Hier werden sich reale Testpersonen aufhalten und wir können in Echtzeit erfassen und auswerten, wie sie reagieren, wenn sich beispielsweise Temperatur, Luftfeuchte, Sonneneinstrahlung oder andere Parameter verändern.“
Riesige Datenmengen werden verarbeitet
Außer dem Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer haben die Experimente auch im Blick, wie Gebäude oder Gebäudeteile und die Anlagentechnik reagieren und zusammenspielen. So werden im Labor reale Fassadenteile aufgebaut und man untersucht, wie man natürliche Kältemittel (z.B. Propan) für Wärmepumpen einsetzen kann. Dass Energie künftig viel stärker dezentral erzeugt und in die elektrischen Netze eingespeist wird, beispielsweise über Photovoltaik-Anlagen, spielt in den Szenarien ebenfalls eine wichtige Rolle.
Um dieses vielschichtige und bewegte Puzzle aus realen und simulierten Komponenten zu steuern, abzubilden und auszuwerten, sind gewaltige Rechnerkapazitäten nötig: Große Server-Racks stehen bereit, um die riesigen Datenmengen zu verarbeiten, die im Urban Energy Lab produziert werden, wenn demnächst die Versuche starten.
Im Projekt arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des E.ON Energieforschungszentrums (E.ON ERC), des Centers for Wind Power Drives (CWD) und des Lehrstuhls für energieeffizientes Bauen (E3D) zusammen. Finanziert wird es mit 4,9 Millionen Euro aus Mitteln des Landes Nordrhein-Westfalen und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE).
14.10.2019