Zukunftsvision: autofreie Innenstadt

Professor Tobias Kuhnimhof fordert eine andere Flächenverteilung, stärkere Investitionen in den ÖPNV und eineNovellierung des Verkehrsrechts

Könnte die Aachener Innenstadt zukünftig autofrei werden? Die Möglichkeiten und das Potenzial gäbe es zumindest, meint Prof. Tobias Kuhnimhof, Verkehrsexperte an der RWTH Aachen.

Die Innenstadt von Aachen ist aufgrund ihrer engen Straßen schnell durch den Autoverkehr überlastet. Deshalb wäre es besser, weniger motorisierten Verkehr in die Innenstadt zu lassen. So äußerte sich jetzt Professor Tobias Kuhnimhof, Leiter des Instituts für Stadtbauwesen und Stadtverkehr an der RWTH.

Andere Verkehrsmittel, Parkzonen und Tempolimit

Es sind nicht nur die Emissionen, die negative Auswirkungen haben, sondern besonders der Individualverkehr in den Innenstädten. Denn jedes Fahrzeug nimmt Platz weg und der ist rar. Die Lösung wäre ein Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs in Kombination mit nicht-motorisierten Fahrzeugen, meint der Experte. Hierfür müssten zwei Faktoren zusammenspielen: ausgewiesene Parkzonen und die Einführung eines generellen Tempolimits – so würde sich das innerstädtische Verkehrsaufkommen zumindest nicht weiter verstärken.

Aber Auto fahren ist so günstig und bequem…

Doch warum fahren wir so viel und gerne mit dem Auto? Das liegt daran, dass Auto fahren so günstig ist, wie noch nie. Und solange es angenehmer ist, mit dem Auto als mit Bahn, Bus oder Fahrrad zu fahren, wird sich das auch nicht ändern. Doch mit Blick auf Flächenverbrauch, Emissionen und Stau, ist der Individualverkehr bedenklich: „Aus Sicht des Einzelnen mag das Auto super sein, aus Sicht des gesamten Systems ist es sehr problematisch“, sagt Kuhnimhof. Daran würden auch die geforderten neuen Straßen nichts ändern, im Gegenteil: „Wer Straßen sät, wird zusätzlichen Verkehr ernten“, weiß der Verkehrsexperte.

Leuchtturmprojekte aus dem Ausland

Von unseren Nachbarländern können wir lernen: Zürich und Wien setzen gezielt auf den Ausbau des ÖPNV, während sich in Amsterdam und Kopenhagen alles um das Fahrrad dreht. Auch Paris hat in letzter Zeit viel verändert, Autos aus der Innenstadt ferngehalten und nutzt den verfügbaren Platz nun neu.

Aachen ist auf einem guten Weg, allerdings sind die Voraussetzungen hier etwas schwieriger: Durch die engen Straßen hat jede Baustelle sofort massive Auswirkungen auf die Verkehrslage. Dennoch meint der Verkehrsexperte sei es wichtig, an der Idee einer autofreien Innenstadt festzuhalten.

Klimaschutz im Straßenverkehrsrecht verankern

Damit die Maßnahmen für eine autofreie Innenstadt auch bei uns greifen, muss neben den Investitionen in den ÖPNV auch das Straßenverkehrsrecht überarbeitet und durch Punkte wie Klimaschutz ergänzt werden. Solange das nicht der Fall ist, haben die Kommunen kaum eine Chance, Verkehrsraum neu zu gestalten.

Können wir optimistisch in die Zukunft schauen und wie könnten unsere Städte in 20 Jahren aussehen? „Wir werden eine andere Flächenaufteilung in den Städten haben – mit mehr Grün, mehr aktiver Mobilität, mehr ÖPNV und wir werden überall mehr E-Mobilität sehen“, so Prof. Tobias Kuhnimhof.

07.06.2024