Perspektiven auf den Fall Schneider/Schwerte: Im April 1995, mitten in den Vorbereitungen der RWTH zu ihrem 125-jährigen Hochschuljubiläum, erschütterte die Aachener Hochschule ein Skandal, der – internationale – Entrüstung auslöste. Niederländische Journalisten hatten den ehemaligen TH-Rektor Professor Hans „Schwerte“ als den bis dato tot geglaubten SS-„Hauptsturmführer“ Dr. Hans Ernst Schneider enttarnt. Demnach war Dr. Schneider nicht, wie angenommen, 1945 gefallen. Vielmehr hatte er sich, basierend auf einer gefälschten Identität, eine neue Karriere als Germanist und Hochschulfunktionär aufgebaut – und dabei zahlreiche Auszeichnungen erhalten. So ernannte der damalige Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) Professor „Schwerte“ nach seiner Emeritierung zum Landesbeauftragten, später erhielt er das Bundesverdienstkreuz und schließlich die Ehrensenatorwürde der RWTH. Durch investigative Recherchen unter Druck gesetzt, gab „Schwerte“ schließlich in einer Selbstanzeige an die Hochschule zu, in Wahrheit Hans Ernst Schneider zu sein und der Empörung über den Betrug als solchen folgten rasch drängende Fragen der Öffentlichkeit nach Mitwissenden. Doch die wichtige Diskussion über die Verantwortung der Universität gegenüber der eigenen Vergangenheit geriet unter die Räder gegenseitiger Schuldzuweisungen. Angelina Pils (Historisches Institut, Aachen) untersucht im Abstand eines Vierteljahrhunderts neues Quellenmaterial, um den Hochschulskandal 1995, aber auch die Biografie Schneider/Schwertes angemessen zu historisieren.
Referentin: Angelina Pils
Vortrag im Rahmen der Jubiläumsaustellung „Lernen. Forschen. Machen. 150 Jahre RWTH Aachen“